Oft sieht man Menschen mit sich hadern, dass sie das Abitur nicht gemacht haben. Als sie nach der 10. Klasse die Schule verließen, war es als Jugendlicher durchaus nachvollziehbar. Endlich konnte man einen Beruf erlernen, der einem Spaß bereitet und Geld verdienen. Erst mit der Zeit kommt dann die Erkenntnis, dass es wohl doch die falsche Entscheidung war, diesen Abschluss nicht zu machen. Das ist aber kein Problem, denn es gibt heute viele Möglichkeiten, das Abitur nachzuholen.
Voraussetzungen zum Nachholen des Abiturs
Wählt man wieder den ersten Bildungsweg, muss zwangsweise die Mittlere Reife vorliegen. Zudem darf man bei der Prüfung nicht älter als 21 Jahre sein.
Für den zweiten Bildungsweg ist ein Real- oder Hauptschulabschluss nötig. Zusätzlich wird bei allen Möglichkeiten eine Berufsausbildung und/oder eine dreijährige Berufserfahrung verlangt. Zeiten der Arbeitslosigkeit oder der Erziehung eines Kindes werden in diese Rechnung mit einbezogen. Zudem wird vor Aufnahme des Schulgangs bei einigen Einrichtungen das vorhandene Wissen über Eingangstests abgefragt.
Je nach bisher erreichten Schulabschluss oder Wissensstand müssen dann noch diverse Vorkurse belegt werden, bevor man mit dem Bildungsgang Abitur beginnen kann. Zum Beispiel müssen zwei Fremdsprachen nachgewiesen werden, während bei anderen Schulabschlüssen nur eine erforderlich ist. So muss sich die zweite Fremdsprache über einen einjährigen Vorkurs angeeignet werden, bevor man den Bildungsgang starten kann.
Möglichkeiten, das Abitur nachzuholen
Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten für diesen Lehrgang. Davor muss man sich erst einmal über die grundlegenden Dinge im Klaren sein. Möchte man allein per Fernunterricht lernen oder eine Schule besuchen. Entscheidet man sich für die zweite Möglichkeit, muss man dann noch überlegen, ob man einen Vollzeitunterricht oder doch eher eine Abendschule besuchen möchte. Je nach Vorlieben kann man dann die am besten geeignete Schulform auswählen.
Erster Bildungsweg
Es besteht die Möglichkeit, sich auch später wieder an einem Gymnasium anzumelden. Der Bildungsgang dauert dann die an den Gymnasien üblichen 2 bzw. 3 Jahre. Der Unterricht erfolgt in Vollzeit.
Daneben gibt es auch private Schulen. Die “Ersatzschulen“ sind Privatschulen in freier Trägerschaft und haben ungefähr den selben Aufbau und Lehrplan wie die staatlichen Schulen. Nur die Klassen sind kleiner und die Betreuung ist besser. Das Abitur wird sofort anerkannt.
Daneben gibt es auch andere private Schulen, bei denen neben der Prüfung an der Schule zur Anerkennung des Abiturs meist noch eine zusätzliche Prüfung vor staatlichen Institutionen abgelegt werden muss.
Zweiter Bildungsweg
Abendgymnasium
Die Kurse am Abendgymnasium dauern generell drei Jahre. Dabei ist zu beachten, dass sich sowohl Dauer als auch Inhalte der einzelnen Kurse von Bundesland zu Bundesland oft erheblich unterscheiden. Auf jeden Fall erhält der Schüler aber Unterricht in den typischen Fächer der gymnasialen Oberstufe. Für den Unterricht muss man meist 20 Wochenstunden einplanen. Dieser findet abends oder an Wochenenden statt. Am Ende erhält man ein vollwertiges Abitur.
Volkshochschule
Bei Volkshochschulen dauert der Unterricht zwischen drei und vier Jahre. Er wird generell abends und an Wochenenden erteilt, so dass er sich auch für Berufstätige eignet. Im Gegensatz zum Abendgymnasium können hier jedoch Gebühren für den Besuch des Unterrichts anfallen. Diese können durchaus auch 500 Euro pro Semester betragen. Hierbei sollte man sich zuerst einmal über Förderungsmöglichkeiten informieren, bevor man sich für die Kurse anmeldet.
Kolleg
Dies ist eine weitere Möglichkeit, das Abitur im Klassenverband nachzuholen. Allerdings findet hier der Unterricht nur tagsüber statt. Somit eignet sich das Berufskolleg nicht für Berufstätige, sondern eher für Personen, die aus der Arbeitslosigkeit das Abitur nachholen wollen. Der Unterricht am Kolleg zieht sich über drei Jahre hin und ist dem Unterricht an Gymnasien nachempfunden. So gliedert er sich auch hier in eine einjährige Einführungsphase und eine zweijährige Qualifikationsphase.
Fernschule
Wer sich den Stoff lieber allein aneignen möchte und nicht im Klassenverband, sollte die Möglichkeit eines Fernlehrgangs in Betracht ziehen. Hier wird dem Schüler das Lehrmaterial über E-Mail oder Post von der Schule zugeschickt. Er lernt dann den Stoff eigenständig, so wie er Zeit hat. Von Zeit zu Zeit müssen eigenständig bearbeitete Hausaufgaben beim Institut eingereicht werden, die dann auch bewertet werden. Es werden in der Regel acht Fächer durch den Schüler ausgewählt, von denen zwei als Leistungskurse gewählt werden.
So ist ein individueller Fächerkanon möglich, der den Stärken des Schülers entspricht. Prüfungen erfolgen in allen acht Fächern. Davon sind vier mündliche und vier schriftliche Prüfungen abzulegen. Der Kurs dauert in aller Regel zwischen 36 und 42 Monate. Bei einigen Anbietern kann er auch kostenlos verlängert werden. In der Regel findet vor Aufnahme des Lehrgangs eine ausführliche telefonische Beratung durch hochschuleigene Ansprechpartner statt. Weiterhin wird den Schülern ein 4-wöchiger Probeunterricht gewährt. Anschließend sind Gebühren zu zahlen.
Externe Prüfungen
Zudem ist es auch möglich, die Abiturprüfungen nachzuholen, ohne entsprechende Lehrgänge an der entsprechenden Schule zu besuchen. Dabei unterscheidet man zwischen der Nichtschülerprüfung und der Begabtenprüfung.
Bei der Nichtschülerprüfung muss man mindestens 19 Jahre alt sein und seinen Hauptwohnsitz in dem Bundesland haben, in dem man die Prüfung ablegen möchte. Zudem kann es vorkommen, dass eine entsprechende Prüfungsvorbereitung nachgewiesen werden muss. Ob diese im Selbststudium erfolgte oder an Einrichtungen, spielt dabei keine Rolle. Allerdings ist es nicht möglich, über diesen Weg eine schon bestandene Hochschulberechtigung nochmal zu verbessern.
Bei der Begabtenprüfung muss man mindestens 25 Jahre alt sein, um das Abitur machen zu können.
Zudem braucht es eine Berufsausbildung und 5-7 Jahre Berufserfahrung. Die Prüfungen sind hier um ein Vielfaches schwerer als die Prüfungen an einem Gymnasium. Dafür muss aber nur eine Fremdsprache belegt werden. Sie kann nicht in jedem Bundesland abgelegt werden. Weitere Informationen über die Möglichkeit der Ablegung des Abiturs über die Begabtenprüfung, sowie die Voraussetzungen und den Ablauf der Prüfung erteilen die jeweiligen Kultusministerien.
Vorteile des Abiturs
Warum sollte man das Abitur nachholen? Früher oder später wird man feststellen, dass einem ohne den entsprechenden Abschluss viele Türen im Berufsleben verschlossen bleiben. Das Abitur ist der höchstmögliche Schulabschluss und auch im Ausland hoch geschätzt. So werden mit diesem Abschluss die mitunter auch internationalen Karrierechancen.
Damit verbunden wird auch der Verdienst steigen. Zudem erhält man auch die Möglichkeit, ein Studium zu beginnen.
Dabei ist das deutsche Bildungssystem so aufgebaut, dass nur die Abschlüsse zählen, das Alter spielt keine Rolle. So ist es unerheblich, ob der Abschluss bereits mit 19 oder erst mit 40 Jahren erreicht wird.